Die Maxwellgleichungen gehören zum Kulturerbe der Physik, es ist beeindruckend, wie viele verschiedenartige Phänomene sie beschreiben können. Selbst die Licht-Materie-Wechselwirkung kann elegant mit Hilfe geeigneter Mittelungsverfahren durch wenige Materialparameter beschrieben werden, die aus einem Experiment oder quantenmechanischen Rechnungen erhalten werden können. Nur bei den Maxwellschen Randbedingungen hackt es bisweilen ganz draußen am Rand, dort, wo die quantenmechanische Wellenfunktion der optisch angeregten Elektronen ein wenig aus dem Material hinauslugt.
In den 1970er Jahren schlug Peter Feibelman vor, quantenmechanischen Modifikationen an planaren Grenzflächen durch zwei frequenzabhängige Parameter zu beschreiben, die heute nach ihm benannt sind. Der Zugang wurde vor Kurzem von Yang et al., Nature 576, 248 (2019), für beliebige Grenzflächen erweitert, wobei die Feibelman-Parameter nun Teil von modifizierten, mesoskopischen Randbedingungen sind. Allerdings sind diese nur sehr umständlich in kommerzielle Maxwell-Simulationsprogramme zu integrieren.
In einer Arbeit, die gerade zur Publikation in Physical Review B angenommen wurde, zeigen Ulrich Hohenester und Gerhard Unger, wie mesoskopische Randbedingungen elegant und ohne größeren Aufwand in einer Randelementmethode zur Lösung der Maxwellgleichungen implementiert werden können. Die Lehrbücher zur Elektrodynamik werden aufgrund dieser Ergebnisse wohl nicht umgeschrieben werden müssen, die mesoskopischen Randbedingungen bleiben ein Randeffekt. Dort (nämlich am Rand) eröffnen sich jedoch eine Fülle von Möglichkeiten zur Berücksichtigung von quantenmechanischen Effekten, die in nanophotonischen Strukturen im Lauf der letzten Jahre zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Ulrich Hohenester and Gerhard Unger, Nanoscale electromagnetism with the boundary element method, to appear in Phys. Rev. B (2022), https://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevB.105.075428