Ob Quantencomputer oder optische Sensoren zur Bestimmung von Wirkstoffen in Medikamenten – viele Anwendungen der Zukunft bauen auf Technologien, für die es notwendig ist, Licht und einzelne Photonen gezielt steuern zu können. Zu diesem Zweck erforscht Thomas Weiss, seit August 2021 Professor für Theoretische Nanophysik an der Universität Graz, die Wechselwirkungen von Licht und Materie mit Hilfe von Computersimulationen.
Um seine Forschung zu erklären, nutzt Weiss einen Vergleich mit der Musik: „Die schönen Töne, die Instrumente erzeugen, entstehen, weil gewisse Resonanzen angeregt werden. Wenn Wellen mit bestimmten Frequenzen miteinander schwingen, überlagern sie sich so, dass sie sich gegenseitig immer mehr verstärken. Möchte ich den Klang beeinflussen, muss ich verstehen, wie diese Resonanzen zustande kommen. Dasselbe mache ich mit Licht. Als Resonanzkörper dient dabei ein Nanoteilchen.“ Ziel ist, die Wechselwirkungen zwischen Licht und Materie zu kontrollieren und zu verstärken. Wie bei einem Musikinstrument sind auch bei einem Nanoresonator Material und Form von entscheidender Bedeutung. „Wir untersuchen, wie ein Nanoteilchen aus Metall, Silizium oder einem anderen Halbleiter auf ein Lichtfeld reagiert. Wie sieht das umgebende elektromagnetische Feld aus? Welche Resonanzen treten auf?“, berichtet Weiss.
Vom Computer bis zum Medikament
Das Spektrum für Anwendungen, die auf diesen Forschungen aufbauen, ist breit gefächert. In jedem Fall sind sie zukunftsträchtig. So spielt die Nanophotonik unter anderem eine wichtige Rolle für superschnelle Quantencomputer und Quantenkryptographie zur Einrichtung sicherer Kommunikationswege. Ein weiterer Anwendungsbereich sind hoch sensible Sensoren, etwa zur Messung von Wirkstoffkonzentrationen in Medikamenten. Dafür liefert ein Forschungsschwerpunkt von Thomas Weiss wichtige Grundlagen.
Der Physiker untersucht, wie sich die sogenannte Händigkeit von chiralen Molekülen feststellen lässt. Viele Moleküle sind chiral, auch unsere DNA und damit alle Aminosäuren im Körper. Das bedeutet, sie kommen in zwei Varianten vor, wobei die eine das Spiegelbild der anderen ist, wie die linke und die rechte Hand einer Person. Bei Medikamenten kann es entscheidend sein, welche Händigkeit die Moleküle eines Wirkstoffs haben. Ein tragisches Beispiel ist das Schlafmittel Contergan, bei dem die linksdrehende Form von Thalidomid in den 1960er-Jahren zu schweren Missbildungen bei Embryos geführt hat. Weiss erforscht, wie ein geeigneter Nanoresonator und das umgebende elektromagnetische Feld designt werden müssten, um die Händigkeit von Molekülen verschiedener Wirkstoffe präzise bestimmen und die ungewünschten Formen herausfiltern zu können.
An seiner neuen Forschungsstätte hat der Wissenschafter, der zuvor in Stuttgart Juniorprofessor war, ein interessantes Umfeld vorgefunden: „Die Nanophysik der Universität Graz ist international gut vernetzt“, weiß er zu schätzen. Einige Kollegen hatte er bereits zuvor kennengelernt. Nun trägt er zur weiteren Stärkung des Fachs in Graz bei.